Der Arbeiterbildungsverein von Pforzheim
Im Jahr 1862 wurde in Pforzheim ein Arbeiterbildungsverein gegründet. Einer der ersten Vorsitzenden war Moritz Müller (1816-1895). Im Arbeiterbildungsverein sollten sich Arbeiter, die nicht oder nur kurz in der Schule gewesen waren, bilden, auch damit sie vielleicht selbst Unternehmer werden können, also in eine andere Klasse aufsteigen können. Durch Bildung sollte es den Arbeitern also „besser“ gehen. Das konnte auch für Unternehmen Vorteile haben. [1, 2] Denn gebildete Arbeiter können vielleicht auch klügere Entscheidungen treffen.
Auf dem Bild [A] ist Moritz Müller abgebildet, welcher aus dem Bürgertum, also aus relativ guten Verhältnissen kam. Er war früher ein Arbeiter gewesen, welcher sich selbst durch Bildung zum Unternehmer hinaufgearbeitet hatte.
Der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein in Pforzheim
Ein viel größerer Verein war der Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein (ADAV). Die Hauptziele des ADAV waren etwa, alle Arbeiter in einer politischen Partei zu vereinigen und ein gerechtes Wahlrecht einzuführen. Am 7. Februar 1869 kamen zwei Vertreter des ADAV nach Pforzheim. Die Vertreter wollten, dass die Arbeiter nicht mehr im Dienst der Unternehmer stehen, sondern selbst „Herr“ der Unternehmen sind. Die Pforzheimer Arbeiter sollten die Betriebe der Unternehmer selbst in die Hand nehmen. Die Vertreter forderten die 500 Pforzheimer Arbeiter auch auf, dem ADAV beizutreten. Jedoch lehnten die meisten Arbeiter ab. Ein Pforzheimer Arbeiter sagte: Solche Forderungen laufen nur auf einen Krieg der Armen gegen die Reichen hinaus. [3]
Hier [B] ist eine Einweihungseinladung zu einer Arbeiterhalle zu sehen. Dies war ein Treffpunkt für Arbeiter und sie gehörte zum Arbeiterbildungsverein. Zur Einweihung der Arbeiterhalle waren auch andere Pforzheimer Vereine eingeladen. Die Arbeiterhalle war in der Lammstraße 17.
Handelten die Pforzheimer Arbeiter richtig?
Die Pforzheimer Arbeiter handelten richtig, da sie keinen „Krieg“ gegen die Unternehmer anfangen wollten, wie es der ADAV wollte. Insgesamt muss man sagen, dass die Ziele des Arbeiterbildungsvereins gut waren. Bildung kann die schlechte Lage von Arbeitern verbessern. Aber die Ziele des ADAVs können mehr bewirken. Gerade eine politische Partei kann viel erreichen.
In diesem Brief von 1863 fragte Moritz Müller den Politiker August Lamey, ob Lamey den Arbeiterbildungsverein unterstützt. Die Schrift heißt Kurrentschrift. Heute benutzt man sie nicht mehr. [C]
Anmerkungen
- Endlich, Stefan Peter (1993): Sozialgeschichte der Stadt Pforzheim, 1862-1914. Arbeiterbewegung und sozialdemokratische Kommunalpolitik im Zeitraum der Industrialisierung. Frankfurt am Main, Berlin, Bern, New York, Paris, Wien, S. 800.
- Moritz Müller: Becht, Hans-Peter (1996): Moritz Müller. Fabrikant, Publizist, Parlamentarier, Bildungsbürger: Bausteine zur Biographie eines Außenseiters. In: Hans-Peter Becht (Hg.): Pforzheim im 19. und 20. Jahrhundert. […]. Sigmaringen, S. 65-118.
- Endlich, Stefan Peter (1993): Sozialgeschichte der Stadt Pforzheim, 1862-1914. Arbeiterbewegung und sozialdemokratische Kommunalpolitik im Zeitraum der Industrialisierung. Frankfurt am Main, Berlin, Bern, New York, Paris, Wien, S. 60.
Ausstellungsstücke
[A] Entnommen aus: Becht, Hans-Peter (1996): Moritz Müller. Fabrikant, Publizist, Parlamentarier, Bildungsbürger: Bausteine zur Biographie eines Außenseiters. In: Hans-Peter Becht (Hg.): Pforzheim im 19. und 20. Jahrhundert. Bausteine zur modernen Stadtgeschichte. Sigmaringen, S. 65-118, S. 115.
[B] Generallandesarchiv Karlsruhe, Signatur 52 Lamey Nr. 20, 35.
[C] Generallandesarchiv Karlsruhe, Signatur 52 Lamey Nr. 20, 34.